Peugeot 404 Superluxe Cabriolet
Dieses Cabriolet wurde uns von einem Ersatzteilhändler als Schlachtfahrzeug übergeben. Das Auto bestand nur aus der Karosserie mit Gläsern und Achsen. Der gesamte Antrieb, das Verdeck und die Innenausstattung fehlten komplett. Vorhanden waren aber die Fahrzeugpapiere und die Typenplaketten. Ursprünglich wollten wir den Wagen tatsächlich schlachten und die Ersatzteile einlagern. Doch dann geschahen mehrere Dinge, deren Resultat eine Wiederauferstehung des eleganten Cabriolets zur Folge hatte.
Als erstes ergab eine genaue Untersuchung des „Schrotts”, dass die Karosserie fast ungeschweißt war. Sie war sozusagen original erhalten, bzw. es handelte sich um ein völlig verrostetes Original, was am 08.05.1963 in Köln erstmals zugelassen wurde. Also handelte es sich um eines der wenigen original nach Deutschland ausgelieferten Autos und um ein Exemplar der ersten Serie, mit den kleinen runden Blinkleuchten vorne.
Unser Geschäftsführer Roland Kayser ist selbst Fan des 404 Cabrio und kurz nach seiner Firmengründung 2004 wurde er eines verunfallten ’67er Modells kundig. Der Besitzer fuhr den Wagen seit seiner Studentenzeit in den ’70er Jahren und hatte es zu Beginn der 2000er restaurieren lassen. Kurz nachdem die Arbeiten beendet waren, widerfuhr dem Wagen ein heftiger Heckschaden, der einen wirtschaftlichen Totalschaden zur Folge hatte. Herr Kayser kaufte das Unfallauto und es wurde in unserer Werkstatt repariert. Bis 2010 hat Herr Kayser damit rund 80.000 Km zurückgelegt und durch den Service der eigenen Werkstatt war der Wagen im Laufe der Zeit in einen hervorragenden Zustand versetzt worden. Zu dieser Zeit kam die Ehefrau des vorherigen Besitzers in unsere Firma und wollte den Wagen zurückkaufen. „Immer wenn mein Mann den Wagen in Berlin fahren sieht, wird er ganz traurig. In einem Jahr wird mein Mann 60 und ich würde ihm den Wagen gerne zurückkaufen”. Herr Kayser dachte kurz an das ’63er Schlachtfahrzeug, was man ja durchaus restaurieren könnte und willigte in den Verkauf ein. Das ’67er Auto wurde bis zum Geburtstag seines neuen bzw. Vorbesitzers neu lackiert und stand zu dessen Geburtstagsfeier unter eine Plane auf dem Parkplatz eines Hotels an der Ostsee, in dem die Geburtstagsfeier stattfand. Die Überraschung war gelungen und dem Geburtstagskind kamen Freudentränen.
Nun wurde mit dem Totalaufbau der ’63er Modells begonnen, was laut Erstzulassung exakt zwei Tage älter ist, als Herr Kayser selbst. Außerdem wurde Herr Kayser etwa 35 Kilometer von Köln, also dem Ort an dem das Auto erstmals zugelassen wurde, geboren. Wir begannen mit dem Ausbau der Achsen und dem Einschweißen von Verstärkungselementen, damit der Wagen beim heraustrennen der verrosteten Bleche nicht auseinander fällt. Nach den ersten grundlegenden Stabilisierungsmaßnahmen wurde die gesamte Rohkarosserie Sand gestrahlt. Danach wurde jedes Blech was nicht mehr in Ordnung war herausgeschnitten und nachgebaut. Da wir von fast jedem Reparaturblech ein originales Exemplar von Peugeot auf Lager haben, sind wir in der Lage Reparaturbleche nachzubauen. Daher rücken wir unsere Originale nicht heraus, bzw. fertigen bei Bedarf immer wieder nach. Der Wiederaufbau der Karosserie war extrem aufwändig und zwischendurch wurden immer wieder Anbauteile angebaut um deren Passgenauigkeit zu überprüfen. Das betrifft vor allem auch die eigens nachgefertigte
Windschutzscheibe aus Verbundglas. Nachdem die Rohkarosserie fertig war, wurde sie auf einer Richtbank auf Maßhaltigkeit geprüft und die Ergebnisse waren so gut, dass wir bezweifeln, dass die Karosserien damals bei Pinifarina diese Qualität hatten. Die fertige Rohkarosse wurde mit Rostschutzlack behandelt und wartete in unserer Werkstatt auf den Abtransport zum Lackierer. Während dieser kurzen Pause nahm ein Stammkunde das Auto wahr und fragte, ob der Wagen zu kaufen sei. Herr Kayser verneinte natürlich, aber nachdem rund das Doppelte des Listenpreises für den Zustand 1 geboten wurde, wurde auch Herr Kayser schwach und von nun an gingen die Restaurierungsarbeiten nach den Wünschen des neuen Besitzers weiter. Der Wagen wurde in bleu pavone 1036 lackiert und die Sitze mit Leder in cuir naturel 2034 bezogen. Eine originalgetreue Farbkombination, die es ab Juli 1965 gab. Zu bemerken ist, dass wir, bis auf die Achsen, alle Teile für den Wiederaufbau aus unserem Lager nehmen mussten, oder von Lieferanten besorgen mussten. Wir haben es also geschafft einen kompletten Wagen aus Lagerbestand aufzubauen.
Die Arbeiten sollten im April 2013 abgeschlossen sein, aber der immense Aufwand hatte eine Verzögerung von vier Monaten zur Folge. Vier Monate zusätzliche Zeit bei einer rund drei Jahre andauernden Restaurierung, sehen wir jedoch als akzeptabel, zumal sich das Ergebnis sehen lassen kann. Am Rande sei hier erwähnt, dass der neue Berliner Flugplatz bei ähnlicher Verzögerung bereits seit Jahren in Betrieb sein müsste. Wie dem auch sei, das fertige Auto wirkt so stabil und steif, wie wir es von einem 404 Cabriolet bisher nicht gewohnt waren. Als der Kunde den Wagen abgeholt hat, war die Freude riesig und er hat den Wagen auf eigenen Achsen von Berlin bis in die Nähe von Straßbourg überführt. Leider kam er auf der Fahrt in heftige Regenschauern, vor denen Tags zuvor sogar gewarnt wurde, und so kam es zu etwas Wassereinbruch in den Innenraum. Eine Verschiebung der Fahrt wäre angesichts der Wetterwarnung ratsam gewesen, aber offensichtlich war alles nicht schlimm wie befürchtet, denn vor Ort konnte der Schaden von der Werkstatt, die auch die anderen Oldtimer des Kunden betreut, behoben werden. Trotzdem raten wir bei Wetterwarnungen den Oldtimer lieber stehen zu lassen, denn er ist schade um der Gefahr von Unwettern ausgesetzt zu werden.
Unser Anspruch war das derzeit beste 404 Cabriolet zu bauen und diesem Anspruch dürfte unsere Arbeit mehr als gerecht werden. Nur Herr Kayser darf sich jetzt wieder nach einem 404 Cabriolet umsehen, oder mit der Restaurierung des nächsten Autos beginnen. So kann’s kommen wenn man sein Hobby zum Beruf macht …
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