Vollrestaurierung einer Göttin der Weisheit – einer Citroën DS Pallas von 1972

Ein Kunde aus Paris hatte seit seiner Kindheit einen Traum. Eine DS von Citroën in der letzten ausgereiften Version mit dem stärksten Einspritzmotor, halbautomatischem Getriebe, originaler Klimaanlage, Ledersitzen, Vinyldach, Colorverglasung und seltenen Details, die es seinerzeit nur vom Veredler Henri Chapron gab. Eine DS, wie sie damals als Chauffeurlimousine von Chapron angeboten wurde, nur ohne die Trennscheibe, die auf Grund ihrer Position recht weit vorne im Fahrzeug das Raumangebot auf den Vordersitzen stark einschränkte. Also eine luxuriöse späte Pallas in der man sich entspannt chauffieren lassen kann, oder die man auch gerne mal selber fährt.

Unser Auftraggeber ist CEO eines großen weltweit operierenden französischen Konzerns und in dieser Funktion ist er sehr oft in Berlin. Des Öfteren besuchte er die Classic Remise und guckte immer wieder bei uns vorbei und beobachtete die in Arbeit befindlichen Fahrzeuge. Eines Tages sprach er mit uns über seinen Kindheitstraum und fragte uns, ob wir ihm eine DS nach seinen Wünschen auf höchstem Niveau restaurieren können. Selbstverständlich sagten wir zu und dann konfrontierte er uns mit seinen Vorstellungen. Es musste eine DS 23 Injection Electronique mit halbautomatischem Getriebe und originaler Klimaanlage sein, in unischwarz mit schwarzem Vinyldach, tabakbraunem originalgetreuem Leder und mit grüner Colorverglasung. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde uns bewusst, dass der Mann eine sehr klare Vorstellung hat und das diese Aufgabe eine Mammutaufgabe werden könnte. Man muss ja erst mal eine DS 23 I.E. mit originaler Klimaanlage finden und diese dann komplett zerlegen und komplett neu aufbauen. Einfach nur neu aufbauen war aber nicht der Wunsch des Kunden, vielmehr sollte sein Traum mit möglichst vielen Neuteilen aufgebaut werden. Alles was zu beschaffen ist, sollte erneuert werden und außerdem hintere Kopfstützen und eine Leselampe von Chapron eingebaut werden. Da er einen Chauffeur hat, möchte er in der Lage sein vom Rücksitz Büroarbeit zu erledigen und daher musste das Auto mit entsprechenden Steckdosen für Laptop und Handy ausgestattet werden. Die Sitze sollten vorne und hinten beheizbar sein und an der Rückfront der Vordersitze sollten Klapptische angebracht werden.

Alle Beteiligten dachten zu wissen was für eine Aufgabe auf sie zukommt, aber die Realität wurde zur echten Herausforderung, sowohl von der technischen Machbarkeit, als auch von der Beschaffung der nötigen Teile. Der vorgesehene Zeitplan von rund 18 Monaten wurde um ein knappes Jahr überschritten. Aber das gesamte Projekt war uns ein Ansporn und der Kindheitstraum unseres Kunden war der Antrieb für unsere Leidenschaft diese einzigartige DS fertigzustellen.

Eine Fahrzeugbasis war relativ schnell gefunden, zwar war diese Basis eine DS 23 I.E. mit halbautomatischem Getriebe und Klimaanlage, aber in der Ausstattung DS Confort also keine Pallas. Da sich die Pallasausstattung im Wesentlichen auf größere Sitze, üppigeren Chromschmuck, üppigere Innenausstattung und viel zusätzliches Dämmmaterial beschränkt und wir sowieso so viel wie irgend möglich neu beschaffen sollten, rüsteten wir das Auto mit einer vollständigen Pallasausstattung aus. Unser Scout fand dann irgendwann auf Teilemärkten in Frankeich die gewünschten Teile von Chapron und die Klapptischchen wurden vom Kunden selbst angeliefert.

Das Auto wurde also komplett zerlegt und die Karosserie mit vielen vielen neuen Blechteilen neu aufgebaut. Bis dahin handelte es sich für uns um eine zwar umfangreiche, aber nicht ungewöhnliche Restaurierung. Auch die Restaurierung des Motors und des Antriebsstrangs war für uns nichts Ungewöhnliches. Richtig kompliziert wurde es, als es darum ging die gesamte Hydraulik des Fahrzeuges komplett mit Neuteilen aufzubauen. Unser Mitarbeiter Dawid Baszynski hat alle Hydraulikleitungen selbst angefertigt und, obwohl wir über die Reparaturhandbücher verfügen, hat er sich beim Einbau der Hydraulik selbst einen Hydraulikplan gezeichnet. Selbstverständlich wurde auch ein komplett neuer Kabelbaum eingezogen und alle elektronischen Bauteile der Bosch D-Jetronik Einspritzanlage erneuert. Als das Auto das erste Mal gestartet wurde konnten wir es kaum glauben, aber die Hydraulik war auf Anhieb dicht und funktionierte einwandfrei. Dawid das war eine Meisterleistung! Bis auf die Klimaanlage war die Technik des Autos nun fertig und wir konnten so lange Probefahrten unternehmen bis wir vollständig zufrieden waren. Erst dann wurden die vorbereiteten Komponenten der Klimaanlage eingebaut.
Die Restaurierung der Klimaanlage war die größte Herausforderung, denn es sollte ja keine neue Klimaanlage eingebaut werden, sondern die Kühlanlage so weit wie möglich originalgetreu rekonstruiert werden. Technisch macht das Sinn, denn die wenigen DS die seinerzeit mit Kühlanlage ausgeliefert wurden, hatten keinerlei Bauteile, die die An- und Durchströmung der Kühlluft des Motorkühlers beeinflussten. Es war also nichts vor oder hinter dem Wasserkühler verbaut. Heute wird der Einfachheit halber üblicherweise der Kondensator für die Klimaanlage vor den Motorkühler gebaut, was diesem aber Kühlluft entzieht und das führt im sommerlichen stop and go häufig zu thermischen Problemen. Die Klimaanlage unseres Fahrzeuges war seit Jahren nicht mehr in Betrieb und daher mussten alle Komponenten erneuert werden. Das bedeutete den Nachbau der beiden originalen Kondensatoren, die sich hinter der vorderen Stoßstange unterhalb der Scheinwerfer befinden, des Trockners und aller Leitungen und Ventile. Lediglich ein passender Kompressor ließ sich beschaffen. Glücklicherweise arbeiten wir seit Jahren mit einem Spezialisten für Klimaanlagen zusammen, der sich an solche Aufgaben herantraut und sie auch bewältigt. Da es sich um den Neubau einer Klimaanlage handelt, mussten die Bestimmungen für neue Klimaanlagen erfüllt werden. Das System arbeitet mit moderner Kühlflüssigkeit und alle Leitungsverbindungen entsprechen der aktuellen Norm. Auch ein heute vorgeschriebener Sicherheitsschalter, um die Anlage vor Vereisung zu schützten, wurde eingebaut. Das alles erforderte überall neue Befestigungselemente die wir zum Teil aus Edelstahl angefertigt haben. Als besonderes Schmankerl haben wir die Luftführung der Anlage so verändert, dass sogar die hinteren Fußausströmer die Kühlluft direkt in den Fond leiten.

Apropos Fond, hier sollten wir ja die angelieferten Holzklapptischchen an den Rückfronten der Vordersitze anbauen. Auch dies gestaltete sich schwieriger als vermutet, aber wir sind vom Resultat unseres Herrn Łaguna überzeugt und die Tischchen lassen sich sogar in der Neigung einstellen. Der sprichwörtliche Komfort auf dem Rücksitz einer DS wurde hier durch Kopfstützen, heizbare Sitze, Klapptische, Anschlüsse für moderne elektronische Endgeräte, Leseleuchten und Kaltluftausströmer derart aufgewertet, dass der Aufenthalt im Fahrzeug zu einer regelrechten Wellnesserfahrung geworden ist. Die Modellbezeichnung DS stand ja für Déesse, das französische Wort für Göttin und Pallas ist die griechische Göttin der Weisheit – damals wie heute eine überaus passende Modellbezeichnung.

Die Inhaber der Atelier Automobile GmbH, Herr Kauerhoff und Herr Kayser, bedanken sich beim gesamten Team für diese außergewöhnliche Leistung. Unser Dank gilt Herrn Bandt – unserem Werkstattleiter, Herrn Łaguna – unserem Karosseriespengler, Herrn Baszynski – unserem Spezialisten für Hydraulik und Elektrik, Herrn Lerche – unserem Motorenbauer, Herrn Kaske – unserem DS-Spezialisten, Herrn Stelzig und Herrn Scholvien für Ihre Assistenz und selbstverständlich bei Herrn Kablan – unserem Lackierer und Herrn Müller dem Fachmann für Klimaanlagen und allen unseren Lieferanten.

Die fertige DS ist ein Fest für die Sinne geworden und unser Kunde in Paris ist froh, dass er uns die Zeit zur Realisierung des Projekts gegeben hat. Vielleicht sehen Sie ihn mal in Paris im Fond seiner neuwertigen DS, vielleicht sogar zusammen mit Präsident Macron, denn er gehört zum Stab der Berater des Präsidenten.

Wir wünschen viel Spaß beim Klicken durch die unsere Fotoauswahl, einer Auswahl von 1.763 Fotos der Restaurierungsdokumentation, und natürlich beim Betrachten unseres Präsentationsvideos zu diesem Fahrzeug…

Technische Daten des Citroën 23 Injection Electronique Pallas aus dem Baujahr 1972:

  • 4 Zylinder Reihenmotor, Wasser gekühlt, Frontantrieb
  • 2.347 ccm
  • 124 PS bei 5.250/min
  • 195 Nm bei 2.500/min
  • 0 – 100 Km/h in 12 s
  • 186 Km/h
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